Ordrupgaard Museum

Ordrupgaard Museum
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Gut 15 Jahre nachdem Zaha Hadid aktiv war, hat das Ordrupgaard Museum in Charlottenlund eine weitere Erweiterung bekommen. Die norwegischen Architekten von Snøhetta haben nun Ausstellungsräume geschaffen, die an ein Schmuckkästchen erinnern.

Die Werke und Ideen des Impressionismus spielen im Ordrupgaard Museum eine große Rolle. Etwa 12 Kilometer nördlich von Kopenhagen liegt das Museum, dessen Werke auf eine private Sammlung zurück gehen. Der Kunstsammler Wilhelm Hansen trug zwischen 1916 und 1918 französische Kunst der Impressionisten, Postimpressionisten und Fauves zusammen. In den 1920er Jahren war er aufgrund finanzieller Schwierigkeiten gezwungen, 76 bedeutende Gemälde zu verkaufen. Damals war er verärgert, dass der dänische Staat diese Bilder nicht für seine Museen sicherte. Über diesen Ärger änderte Hansens auch seinen Plan, sein Haus und seine Sammlung nach seinem Tod dem dänischen Staat zu vermachen. Seine Witwe organisierte jedoch genau das. Ihr ist es zu verdanken, dass die Sammlung und das Anwesen ins Eigentum des dänischen Staates gingen. Seit 1953 ist das Erbe im Ordrupgaard Museum zu erleben.

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Ordrupgaard Museum in Charlottenlund
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Die erste Erweiterung des Ordrupgaard Museums

Lange war das Ordrupgaard Museum im Herrenhaus des Sammlerpaars zuhause, das von einem Galeriegebäude, einem Wintergarten und Stallungen umgeben ist. Als in den 2000er Jahren eine Erweiterung anstand, wurde die Architektin Zaha Hadid beauftragt. Die wollte das Museum zwar erweitern, aber die private Atmosphäre der ersten Ausstellungsräume im Galerietrakt des Landhauses nicht stören. Dementsprechend gestaltete sie einen Erweiterungsbau, der an das alte Landhaus andockt und mit dem Gelände verschmilzt. Dementsprechend schiebt sich der neue Bau als schmaler Baukörper entlang des Bestandes. Am Ende ragt er leicht schwebend über das Gelände hinweg. Hier öffnet sich das Museum zum Park und holt die Natur ins Gebäude. Insgesamt schmiegt sich das dunkle Gebäude von Zaha Hadid an das Gelände an und wölbt sich nur leicht, in einer langen zusammenhängenden Bahn darüber. Seine Außenhaut aus schwarzem Sichtbeton stärkt den Bezug zu Erde und Untergrund.

In der Mitte des neuen Museumsbaus liegen Foyer und Museumsshop. Von dort führt ein schmaler Gang in die Wechselausstellung und die Kabinette der Dauerausstellung. Die Räume der Ausstellungen sind fensterlos und introvertiert. Hell und reich an Tageslicht hingegen sind ein Café und ein Veranstaltungsraum. Sie suchen den Bezug zum Park und seinem natürlichen Licht.

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Snøhetta komplettiert das Museum

Gut 15 Jahre nach der Erweiterung des Ordrupgaard Museums durch Zaha Hadid gingen die norwegischen Architekten von Snøhetta ans Werk. Auch sie gestalteten einen Erweiterungsbau, der zum größten Teil unter dem Gelände liegt. Andere Teile hingegen ragen wie aus der Landschaft ausgegraben über das Terrain empor. Insgesamt bieten die neuen Gebäudeteile eine durchlaufenden Weg durch das gesamte Museum und die umgebenen Garten- und Parkanlagen. Damit verbindet die neue Architektur von Snøhetta den Bau von Zaha Hadid mit dem ursprünglichen Museumsräumen. Snøhettas bauliche Ergänzung besteht sowohl aus einer Intervention in der Landschaft, als auch aus dem Bau von fünf neuen, unterirdischen Ausstellungsräumen. Zwei von ihnen setzen die Räumlichkeiten von Zaha Hadids Bau fort. Drei weitere hingegen widmen sich der Hauptattraktion des Museums: der großen Dauerausstellung von Gemälden französischer Impressionisten. Mit dieser innovativen, wenngleich sich unterordnenden Gestaltung legt Snøhetta einen Rundweg durch die Sammlung des Museums an. Er ermöglicht einen fortlaufenden Gang durch die reiche Sammlung des Hauses und dessen Gartenanlagen. Sie ermöglicht eine bequemen, komfortablen und intuitiven Gang durch das Museum, dass nun für alle zugänglich ist.

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Ordrupgaard Museum in Charlottenlund
Ordrupgaard Museum in Charlottenlund
Ordrupgaard Museum in Charlottenlund
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Spiel des Lichts

Der größte der drei neuen Ausstellungsräume ragt über das Gelände hinaus: in Form eines monolithischen, mit Stahl umkleideten, skulpturalen Baukörpers. Er lukt über das Terrain empor und mutet wie eine Ausgrabung einer größeren, unter der Erde liegenden Anlage an. Wie ein versteckter Schatz zeigt sich das Dach der neuen Museumserweiterung. Es strahlt im Sonnenlicht wie ein Teil, das bei einer Ausgrabung zutage kommt. In viele verschiedene Facetten geschnitten, in unterschiedlichen Richtungen poliert, kreiert die über das Gelände ragende Dachstruktur ein dauerndes Lichtspiel. Mit vielen Variationen über Tages- und auch Jahreszeiten hinweg.

Als Himmelhaven oder Garten des Himmels konzipiert, greift dieser Baukörper die Anliegen des Impressionismus auf. Auch die Künstler des Impressionismus haben kontinuierlich das Licht und seine wechselnden Qualitäten einzufangen versucht. Weltbekannte Maler wie Manet, Monet, Degas, and Renoir haben Licht auf der Leinwand verewigt. Außerdem prägt den über das Gelände ragenden Baukörper eine diagonale Querung, die die Besucher intuitiv zum Haupteingang von Zaha Hadids Erweiterung leitet. Der Einschnitt erscheint wie ein Brücke in natürlichem Stein, der den Eingang des Museums mit dem Garten verbindet.

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Der Garten des Ordrupgaard Museums

Die Illusion des Himmelhaven, des aus der Landschaft ausgegrabenen Baukörpers, wird durch ein Mini-Atrium betont. Es liegt halb versunken im Gelände. Das darin integrierte Licht und die Sitzgelegenheiten laden die Besucher zum Innehalten ein, zum Ausblick in den jahrhundertealten, reichen Garten des Museums. Den Erweiterungsbau verstehen die Architekten von Snøhetta als dritte Ebene, als Fortsetzung der Landschaft. Sie liegt genau am Übergang vom Ordrupgaards Englischem Landschaftspark zum benachbarten, französisch inspirierten Rosengarten. Während der Bauphase haben die Landschaftsarchitekten von Snøhetta den Park mit besonderer Sorgfalt behandelt. Sie haben den neuen Baukörper mit größter Sorgfalt in den Park integriert und eingefügt.

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Ordrupgaard Museum in Charlottenlund
Ordrupgaard Museum in Charlottenlund
Ordrupgaard Museum in Charlottenlund
Ordrupgaard Museum in Charlottenlund
Ordrupgaard Museum in Charlottenlund
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Wie eine Schmuckkiste

Während zwei Ausstellungsräume den Erweiterungsbau von Zaha Hadid in seiner dunklen Farbigkeit und gedämpften Materialität ergänzen, strahlen die weiteren Räume helle Atmosphäre aus. Sie sind der impressionistischen Kunst gewidmet und entsprechend in helleren Farben und Materialien gestaltet. Die Räumlichkeiten sind in enger Zusammenarbeit mit dem Museum entworfen. Insgesamt strahlen sie eine helle, organische und warme Atmosphäre aus. Im Gegensatz zum reflektierenden Stahl der Außenhaut, dominiert im Inneren Weichheit. Damit erinnert der Neubau an eine historische Schmuckkiste: eine harte metallene Hülle mit weichem, samtigen Innenfutter.

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Ordrupgaard Museum in Charlottenlund
Ordrupgaard Museum in Charlottenlund
Ordrupgaard Museum in Charlottenlund
Ordrupgaard Museum in Charlottenlund
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Den Weg durch das Museum begleitet natürliches Licht. Lichtschlitze markieren die Übergänge von einem zum anderen Gebäude und animieren die Besucher die verschiedenen Gestaltsprachen der unterschiedlichen Bauteile wahrzunehmen. Durch die untergeordnete und dennoch kraftvolle Gestaltung nimmt die Erweiterung von Snøhetta den Dialog mit der Umgebung auf, egal ob sie vegetativ oder baulich, ob sie historisch oder zeitgenössisch geprägt ist. Der Entwurf zeigt überall seine eigene Interpretation von Zeit und Raum und bringt alle Elemente in einem Rundgang zusammen.

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Ort: Charlottenlund, Dänemark
Fertigstellung: 2021
Auftraggeber: SLKS, Slots og Kulturstyrelsen

Architektur, Innenarchitektur, Landschaftsarchitektur: Snøhetta

Text: Juliane von Hagen

Fotos: Laura Stamer